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„Seien Sie bitte unter 30 Jahre alt und bringen Sie mindestens 20 Jahre Berufserfahrung mit… alternativ studieren Sie bitte sechs Jahre im Master, danach können Sie bei uns noch mal ganz neu mit einer Ausbildung anfangen.“
Die Art der Jobausschreibung klingt grotesk, blödsinnig und ist unter Bewerben zu einem Running Gag geworden, aber leider steckt mehr als nur ein Funke Wahrheit darin, wie ich selber feststellen musste! Zeit, meinem Frust mal etwas Luft zu machen…
Nach gut vier Monaten der Jobsuche (was eigentlich so gesehen noch kein Zeitraum ist, aber irgendwie schon, wenn man ständig gesagt bekommt „Sie gefallen uns, leider haben wir aber keine Stelle für Sie“ ) stolpere ich doch tatsächlich über meine eigene Ausbildung. Autsch.
Ich dachte die Wirtschaft wusste, worauf sie sich einlässt als sie den Bachelor eingeführt hat. Das Studieren sollte zügig, kompakt und trotzdem anspruchsvoll verlaufen. Alle fanden ihn damals toll und jetzt will ihn keiner haben. Den Junggesellen der Kunst (Bachelor of Arts), dabei steckt so viel Potenzial dahinter, wenn man sich noch nicht totstudiert hat!
Aber viele Agenturen scheinen die Anzahl der Studienjahre mit der Zahl der Grauen Zellen gleichzusetzen. Je mehr, desto besser. Am liebsten hätte man natürlich die klassische eierlegende Wollmilchsau nach 12 Semestern. Oh oh. Irgendwas stimmt doch dabei nicht, jedenfalls wenn man vor seinem 35. Geburtstag doch gerne anfangen würde zu arbeiten.
„Wir stellen grundsätzliche keine Bewerber mit Bachelor-Abschluss ein. Wir haben festgestellt, dass diese Qualifikation einfach noch nicht für das ausreicht, was von unseren Mitarbeitern gefordert wird.“
Dies schrieb mir ein Personaler auf meine Anfrage ob ich mich bei ihnen um ein Volo bewerben ‚darf‘. Gut das ich erstmal nachgefragt hab. Ich nehme mir im Schnitt für ein Anschreiben über eine Stunde Zeit.. und das wäre in diesem Falle wirklich ärgerlich gewesen (und ein Laden in dem ich vermutlich nie hätte arbeiten wollen..)
Ich studiere Germanistik und Kommunikations- und Medienwissenschaften und habe meinen BA in der Tasche. Kann man das eigentlich dann ein duales BA-Studium nennen? Warum eigentlich nicht. Ich behaupte nicht, das Wissen mit Löffeln gefressen zu haben – aber ich bin Absolvent und meine schon eine gute Ausbildung genossen zu haben. Und theoretisch reichts. Also an Theorie. Die nötige Praxis folgt währenddessen oder nach dem Studium ja durch Praktika.
Ich frage mich allerdings, wie ich für den Job in einer Redaktion oder PR-Stelle besser fachlich qualifiziert sein sollte, wenn ich jetzt noch drei Jahre den Master in Germanistik mache, eine Facharbeit über mittelhochdeutsche Minne und die Sprache des Mittelalters schreibe, einen Roman von Hiob auseinandernehme oder mein Wissen über phrasale Komposita in eine 80-Seiten-Masterarbeit zwänge. Theorie Overload nennen ich das! Ich hab do‘ net auf Lehramt studiert! Ja sach mal..
Wohlgemerkt, die Antwort oben bekam ich auf eine Bewerbung als Trainee-Redakteur!
Ich sehe es nicht ein, mich mit einem Master auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben – wie aufgeplustert müssen Absolventen denn heutzutage sein, damit sie als qualifiziert genug für ihren angestrebten Beruf gelten?
Der Bachelor macht Sinn, er bringt einem bei, drei Jahre konsequent und selbstständig zu arbeiten. Dass die Studenten dabei in viel kürzerer Zeit genau dasselbe Pensum in die Birne kriegen müssen, wie die Kollegen mit Magister ist vielen gar nicht klar. Eigentlich sind wir Junggesellen also Organisationstalente. ;o
Fakt ist: Im Studium bekommt man vor allem eines eingetrichtert: Theorie, Theorie, Theorie. Wie ich danach ein Kundengespräch richtig führe oder zielgruppenaffine Texte schreibe, weiß ich allerdings noch lange nicht.
Das habe ich während meiner Praktika gelernt – und ganz eigenständig durch Textjobs während des Studiums. Learning by doing und so.
Ich halte die Einarbeitung in einem Betrieb für hundert Mal sinnvoller als den Master in Germanistik. Zielgerichtet, praktisch am Objekt (oder Kunden). Dafür sind die Traineestellen auch da, dachte ich.
Ich will niemandem den Master schlecht reden. Manchmal denke ich sogar „wärst du noch jünger (und hättest weiterhin BAföG-Anspruch..) würdest du den vielleicht auch noch machen“ – aber mit dem Bachelor abzugehen und nach Jobs zu suchen ist doch irgendwie viel mutiger als einfach eingeschrieben zu bleiben! Viele Leute, die ich kenne, die den Master machen tun dies eigentlich nur, weil sie nicht wissen was sie sonst machen sollen… ist das die Motivation, die sich ein Arbeitgeber wünscht?
Im Spiegel gibt es einen Bericht der meint, jeder Absolvent käme zwar irgendwann unter die Haube, aber BAs müssen sich leider immer gegen Diplom- und Master-Menschen durchsetzen – oder bekommen schlichtweg weniger Gehalt.
So sieht’s aus. ….(?)
Toll. So und darauf schreiben wir jetzt noch ein, zwei Motivationsschreiben für die nächste Bewerbung. Denn nach der zehnten unbeantworteten Initiativbewerbung und dem fünften Copytest, mit dem man Agentur X,Y und Z bespaßen soll, sind wir ja alle noch höchstmotiviert! Conceal, don’t feel!